Rechtsanwalt Wolfgang Sattler

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Fragen und Antworten zur Anerkennung der ausländischen Ehescheidung

Muss die Scheidung in Deutschland anerkannt werden, wenn ich mich im Ausland scheiden lasse?

Die Scheidung im anderen Land kann unkompliziert, kostengünstig und schnell sein, gerade dann wenn auch die Eheschließung dort stattgefunden hat. Wichtig ist, dass sie dann auch in Deutschland gilt.

Die Scheidung in einem anderen EU-Land wird in Deutschland ohne weiteres anerkannt, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Ehepartner (Achtung: Dies gilt nicht für die Ehescheidung in Dänemark!). Neben dem Scheidungsbeschluss selbst ist in Deutschland dann die Bescheinigung nach Artikel 39 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (vom 27. November 2003  über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung) vorzulegen, welche das Gericht im anderen EU-Staat erteilt; das Formular ist dem Verordnungstext beigefügt als Anlage I

Welche Folgen hat die fehlende Anerkennung der ausländischen Scheidung?

Für die Rechtsordnung in dem einen Staat gilt der Betroffene noch als verheiratet, solange ein dort erforderliches Anerkennungsverfahren für die im anderen Land erfolgte Scheidung nicht stattgefunden hat.

Dies kann vor allem im Erbrecht zu schwerwiegenden Folgen führen, das häufig das gesetzliche Erbrecht bzw. (soweit bekannt) das Pflichtteilsrecht ganz oder zum Teil an eine bestehende Ehe knüpft. In Deutschland beträgt das gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners ein Viertel bzw. bei Zugewinngemeinschaft sogar die Hälfte des Nachlasses. Selbst bei testamentarischer Enterbung steht dem Ehepartner noch die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils zu. Dies kann dazu führen, dass der frühere Ehepartner Alleinerbe wird, weil die ausländische Scheidung nicht vor dem Todesfall anerkannt worden ist.

Klar ist, dass eine fehlende Anerkennung Freiheit zur Eingehung einer neuen Ehe einschränkt. Solange eine anerkennungsbedürftige Scheidung im anderen Staat nicht förmlich anerkannt ist, ist dort eine neue Eheschließung ausgeschlossen, wenn der Verlobte dort im Personenstandsregister als „verheiratet“ registriert ist. Aber auch wenn kein entgegenstehender Eintrag im Personenstandsregister besteht, droht dann bei der Eheschließung strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Bigamie; in Deutschland sieht § 172 StGB für Doppelehe einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor (§ 172 StGB).

Die neue Ehe wird von der Rechtsordnung des Staats als unwirksam angesehen, in dem die Scheidung der früheren Ehe das Anerkennungsverfahren hätte durchlaufen müssen. Das kann erbrechtlich dazu führen, dass das oben erläuterte gesetzliche Erbrecht des neuen Ehepartners nicht eintritt. Wegen dieser oft unvorhergesehenen und einschneidenden Folgewirkungen einer fehlenden Anerkennung sollte die Anerkennungsbedürftigkeit einer Scheidung für alle betroffenen Staaten immer besonders gründlich geprüft werden.

Muss die im Herkunftsstaat beider Ehegatten erfolgte Scheidung anerkannt werden?

Regelmäßig ist die förmliche Anerkennung der Scheidung, die im gemeinsamen Herkunftsland beider Ehegatten erfolgt ist, nicht erforderlich, wenn beide Eheleute ausschließlich die Staatsangehörigkeit dieses Landes haben.

Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange beide Ehegatten schon in Deutschland leben. Hat einer der Ehepartner oder haben beide die doppelte Staatsangehörigkeit, eine Asylberechtigung oder den Status als ausländischer Flüchtling ebenso wie bei Staatenlosigkeit, ist dieses sogenannte Heimatstaatenprivileg ausgeschlossen. Auch in diesem Fall sollte aber bei der Anerkennung zuständigen Stelle die Klarstellung beantragt werden, dass die ausländische Scheidung der Anerkennung in Deutschland nicht bedarf.

Wo kann ich die Anerkennung der ausländischen Scheidung beantragen?

Hat keiner der beiden früheren Ehegatten seinen Aufenthalt in Deutschland und soll auch in Deutschland keine neue Ehe geschlossen werden, ist die Senatsverwaltung für Justiz in Berlin zuständig.

Für alle anderen Fälle besteht in jedem Bundesland die Zuständigkeit bei einem Oberlandesgericht (Ausnahme: in Niedersachsen bei allen drei OLGs) bzw. in Hamburg bei der Justizbehörde Hamburg und in Berlin bei der Senatsverwaltung für Justiz:

Was ist beim Anerkennungsverfahren zu beachten?

Abhängig vom Einkommen wird für dieses förmliche Verfahren eine Gebühr zwischen 15 – 305 EUR fällig.

Das Verfahren ist schriftlich. Die vorstehenden verlinkten Webseiten der Landesjustizverwaltungen enthalten überwiegend einen Weiterverweis auf ein PDF-Dokument, das am Computer ausgefüllt, ausgedruckt und unterschrieben per Post an die Landesjustizverwaltung gesendet werden kann und eine Aufzählung der beizufügenden Unterlagen. Die ausländische Urkunden sind im Orginal  mit deutschen Übersetzungen beizufügen. Die Übersetzungen muss ein durch eine deutsche Landesjustizverwaltung hierzu ermächtigter Übersetzer erstellt haben. Die Landesjustizverwaltung schreibt den früheren Ehepartner an, um ihm/ihr rechtliches Gehör zu geben.

Wie lange dauert das Anerkennungsverfahren?

Die Anhörungsfrist für den früheren Ehepartner beträgt zwei Wochen.

Wenn die Unterlagen sogleich vollständig eingereicht werden, dauert es von der Antragstellung bis zur abschließenden Entscheidung nach eigenen Angaben der Landesjustizverwaltungen durchschnittlich 10 bis 12 Wochen. Zu Verzögerungen kann es kommen, wenn die Akte der Immigrationsbehörde oder andere Verfahrensakten beigezogen werden.

Muss ich die in Deutschland erfolgte Scheidung im anderen Land anerkennen lassen?

Die in Deutschland erfolgte Scheidung ist in den anderen EU-Staaten uneingeschränkt gültig. Ein Anerkennungsverfahren ist nicht erforderlich.

Auf die Staatsangehörigkeiten der Beteiligten kommt es nicht an. Eine Ausnahme gilt wiederum für Dänemark, wo auf jeden Fall eine Anerkennung der Scheidung erforderlich ist, die im anderen EU-Staat erfolgt ist. Die Bescheinigung nach Artikel 39 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (siehe oben) zur Vorlage im anderen EU-Land erteilt das Familiengericht, das über die Scheidung entschieden hat, auf Nachsuchen des Betroffenen, wofür kein Rechtsanwalt erforderlich ist (Anlage I).

In Staaten außerhalb der EU wird der deutsche Scheidungsbeschluss dementsprechend ohne weiteres anerkannt werden, wenn beide Ehepartner ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit haben (Heimatstaatenprivileg – siehe oben)  und z.B. das Scheidungsverfahren beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg aufgrund der dort bestehenden Sonderzuständigkeit für Deutsche Staatsangehörige ohne inländischen Aufenthalt durchgeführt haben. In diesem Fall sollte man sich aber immer zusätzlich beim Standesamt vor Ort über ein etwaiges Anerkennungserfordernis informieren.

In einigen Ländern hat das Anerkennungsverfahren einen Umfang, der einem eigenen Scheidungsverfahren gleichkommt, z.B. in der Türkei. Dieser Umstand sollte bei der Entscheidung, wo man sich scheiden läßt, berücksichtigt werden.

Rechtsanwalt Wolfgang Sattler, Fachanwalt für Familienrecht und Fachanwalt für Sozialrecht

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